Daten bei WhatsApp sind offen wie Glas © Tom Rübenach

WhatsApp? | Mir reicht’s!

Deutschland ist das einzige Land, in dem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Grundrecht ist. Klingt kompliziert, ist es aber gar nicht. Wir haben das Recht, selbst über unsere Daten zu bestimmen. Gewiss, es gibt Ausnahmen, wie bei fast allen Rechten. Wenn die innere Sicherheit betroffen ist, dann greifen Ausnahmen. Behörden müssen schließlich die Möglichkeit haben, Telefonate abzuhören oder das Internet zu überwachen. Alles im Rahmen, den die Gesetze vorgeben. Logisch.

Wie großartig ist unser Verfassungsgericht!

TS|BN 16. Oktober 2016 Viele Bürger wissen gar nicht, was sie am Bundesverfassungsgericht haben. Für mich ist es eine der vertrauenswürdigsten Institutionen unseres Staates. Die werden es schon richten, denke ich oft. Vor allem dann, wenn ich politische Entscheidungen für fragwürdig oder einfach für falsch halte. Meistens richten die das in Karlsruhe dann schon. Das ist sehr beruhigend.

Das empfand ich besonders stark 1983. Das ist zwar schon sehr lange her, wirkt aber bis heute nach. Damals ging es um die Volkszählung. Datenschützer (ja, die gab es damals schon) gingen auf die Barrikaden. Zuviel Privates wollte der Staat erfahren. Die Gegner fanden, dass es niemanden etwas angehe, wie man zuhause eingerichtet sei oder wieviele Leute im eigenen Haus wohnen. Und schon gar nicht, wer. Eine starke, äußerst aktive Bewegung war entstanden. Vor dem Bundesverfassungsgericht bekam sie auf der ganzen Linie Recht.

Die Verfassung muss man schützen

Da ist was faul im WhatsApp-Staate Zuckerberg © Tom Rübenach
Da ist was faul im Staate Zuckerberg © Tom Rübenach

Mit seinem sogenannten „Volkszählungsurteil“ zog das Gericht klare Grenzen. Jeder und jede habe ein „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, urteilten die Richter. So wurde die Verfassung, wie ein linker Slogan einmal lautete, gegen die geschützt, die oben sitzen. Selbst wenn der Staat Daten eines Bürgers benötigt – etwa zur Verbrechensbekämpfung – bekommt er sie nur, wenn ein Richter das vorher genehmigt hat. Der Staat muss sogar nach einer bestimmten Zeit darüber informieren, dass er ihn beobachtet hat. Steht alles in diesem Urteil, und noch viel mehr.

Heute schützen wir als Bürger die Verfassung nicht mehr, gegen wen auch immer. Wir sind bequeme Datenlieferanten worden. Verfassung? War da was? Ich stelle immer wieder schockiert fest, dass kaum jemand überhaupt den ersten Artikel des Grundgesetzes kennt. Und schon gar nicht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Wie sonst kann man sich sonst erklären, dass Millionen von Deutschen bei WhatsApp bleiben?

Kein okay mehr für WhatsApp

Als Facebook WhatsApp übernehmen wollte, habe Zuckerbergs Leute der EU erzählt, die Daten und Informationen beider Systeme blieben strikt getrennt. Die neuen Datenschutzbestimmungen bei WhatsApp widersprechen dem allerdings eklatant. Informiere ich meine Freunde und Geschäftspartner darüber, zucken sie mit den Schultern. Die meisten jedenfalls. Was soll’s! Kann doch jeder wissen, mit wem ich Kontakt habe! Was sollen die Amis schon mit meinen Daten anfangen? Unwissenheit schützt vor Dummheit keinesfalls.

Facebook arbeitet mit Axiom zusammen, einem US-Marketingkonzern. Der hat bis jetzt schon Infos über 700 Millionen Leute. Die wissen, wo diese 700 Millionen wohnen, was sie arbeiten. Sie zählen eins und eins zusammen und schaffen sich ein Bild von jedem Einzelnen. Damit wird dass richtig Geld verdient. Wir sind auch schon dran. Schätzungen zufolge sie die Daten von 50% aller Deutschen auch schon bei Axiom. Alles egal? Keineswegs!

Es wird Zeit, sich einen anderen Messenger zu suchen. Ich mache das. Für die – zynischerweise – „Datenschutzbestimmungen“ genannten Konditionen bekommen die kein OK mehr von mir. Nix zu machen. Wer lügt, fliegt raus. Es sichere Messenger als WhatsApp. Wer mit mir in Kontakt bleiben will, kann eine SMS schicken. Wer das nicht will, lässt es bleiben. Dann müssen wir halt persönlich reden. Virtueller Kontakt beendet. So einfach ist das.

Selbst (Daten-)Verantwortung übernehmen

Meine Daten gehören mir © Tom Rübenach
Meine Daten gehören mir © Tom Rübenach

Ich weiß, wie schwierig es ohne Facebook ist. Kommunikation geht heute kaum ohne, jedenfalls nicht erfolgreich. Darunter leiden Printverlage, Medienhäuser, Blogger. Wenn ich auf meiner eigenen Seite (also dieser hier, auf der Sie gerade diesen Artikel lesen) einen Artikel veröffentliche, ohne den Link dazu bei Facebook zu posten, kann ich ihn auch gleich kopieren und per Brief an meine Freunde verschicken. Was da aber jetzt abgeht, ist einfach zu viel. Mein Adressbuch will Facebook – über WhatsApp – jetzt auch noch haben. Womöglich alle Adressen frei Haus geliefert bekommen. Es ist hohe Zeit, dass wir wieder aktiv werden. So wie damals, 1983. Und wir brauchen nicht mal das Verfassungsgericht dafür.

User aller Länder, vereinigt Euch!

Bei mir gibt’s demnächst nur noch den Messenger Signal. Okay, vielleicht noch Threema. Signal hat bisher zwar nur einen Marktanteil von unter 5%. Aber das muss ja nicht so bleiben. Liegt an uns. Edward Snowden hat den Messenger ausdrücklich empfohlen. Wenn das mal keine Duftmarke ist. Signal ist eine freie, offene Software. Finanziert wird sie durch Spenden und eben nicht mit allen möglichen Einzelheiten meines Telefonbuchs. Fangen wir doch einfach mal an, selbst Daten-Verantwortung zu übernehmen.

Gegen den Überwachungsstaat schwadronieren und über WhatsApp-Gruppen Demos organisieren: das ist vorbei. User aller Länder: Vereinigt Euch! Gegen Datenkraken wie WhatsApp und für mehr digitale Selbstbestimmung.

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