CSAfD | Bayern, Burka, CSU © Tom Rübenach

CSAfD | Bayern, Burka, CSU

Merkel spricht im Bundestag von Bayern, Burka, CSU, allerdings ohne dies zu benennen; also von der CSAfD. Ihre Rede in der Debatte diese Woche war deutlich. Die Reaktionen nicht weniger vielfältig: Sozis orientierungslos. CSU schnaubend. Grüne als einzige selbstbewusst. Man mag mit Merkel übereinstimmen oder nicht. Eines hat diese Frau: Haltung. Das bleibt hoffentlich so. Von Seehofer und Konsorten kann man das jedenfalls nicht behaupten.

TS|BN 8. September 2016 Zynischer geht’s nimmer. „Mia san Bayern“ postuliert die rechte CSU im Freistaat. Das klingt ja noch nett. In ihrem Entwurf zur Vorstandsklausur morgen und übermorgen indes geht es zur Sache, zur Sache der AfD. Anders ist nicht erklären, was bei den Seehofers und Heuers gerade abgeht. Die CSU scheint längst von allen guten Geistern verlassen. Allen voran ihr pathologisch grinsender Vorsitzender. Die Partei hat diese Geister selbst gerufen. Jetzt wird sie sie nicht mehr los. Es lohnt, einen Blick auf das rechte Vokabular zu werfen, dass diese christliche Partei benutzt.

Krieg, Vergewaltigung, Giftgas

Die Burka, so die Lederhosenträger, sei “eine Uniform des Islamismus“. Süddeutsche und Spiegel haben die CSU-Beschlussvorlage ausgegraben – oder vermutlich richtiger: zugesteckt bekommen. Daraus zitiert auch TS|BN hier. Weiter steht da: “Wer auf Burka und Nikab nicht verzichten möchte, sollte sich ein anderes Land aussuchen.“ Vor allem das letzte Wort muss man wieder und wieder lesen. Auf sich wirken lassen in einem äußerst brutalen Kontext. Daneben stelle man einfach mal einige kohärente Substantive. Sie gehören zum Thema „Flucht“.

Krieg. Vertreibung (klingelt da was, CSU?).
Gewalt. Zerstörung. Traumatisierung.
Brutalität. Vergewaltigung. Zwang.
Unfreiheit.
 Tausende Ertrunkene.
Diktatur. Giftgas. Streubomben.
Tod.

Fluechtlinge in Beirut 2006 © Tom Rübenach
Das sucht sich niemand aus © Tom Rübenach

Und jetzt wieder zurück: „… sollte sich ein anderes Land aussuchen.“ Aussuchen! So, als ob man sich ein Kleid aussucht. Oder eine Versicherung. Oder ein Urlaubsdomizil. Bei klarem Verstand, zuhause, mit der Familie, den Freunden. Bei einer Tasse Kaffee oder bayrischem Weißbier vielleicht. Und Brezen. Nicht auf der Flucht, auf der man Menschen hat verrecken sehen. Auf der man selbst schweren Schaden genommen hat, nachdem womöglich zuhause die Bomben alles zerstört haben. Dann, liebe CSU, sucht man sich nichts mehr aus. Dann ist man froh, dass man wenigstens noch lebt.

Bayerische Biedermänner und die CSAfD

Keine Argumentation jenseits der eigenen indes verfängt bei den sogenannten Christ-Sozialen. Sie sind in Wirklichkeit das Gegenteil dessen, was ihr Parteiname suggeriert. An niedere Instinkte appellieren sie, wenn sie so pauschale Aussagen wie die Leute wollten “die Politik in Berlin“ einfach nicht mehr. Da ist es nicht weit zu den Texten und dem Duktus der AfD. Thomas Kreuzer, Fraktionsvorsitzender der CSU im Bayerischen Landtag, dramatisiert nach dem AfD-Ergebnis in Mecklenburg-Vorpommern so: „Wir haben eine Dimension erreicht, die wir in der Republik so noch nicht gehabt haben.“ Müssen wir Angst haben, dass uns unser Land zusammenkracht? Klingt so und ist wohl auch so beabsichtigt. Die Methode Angst kennen wir auch von der AfD. Radikalisierungen in Lederhosen. Bayerische Biedermänner mit sonoren Stimmen schüren Ressentiments; anstatt all die zu feiern, die jeden Tag ehrenamtlich Flüchtlingen helfen – ob sie eine ohne Burka tragen oder nicht.

AfD-Plakaet mit der Aufschrift CDU ist keine Lösung, sindern das Problem © unbekannt
Klingt nach CSU, ist aber von der AfD © unbekannt

„Deutschland muss Deutschland bleiben!“ fordert die CSU in ihrem Entwurf. Auch das kennen wir von weiter rechts: Gegen die Islamisierung des Abendlandes. Da gibt es kaum noch einen substantiellen inhaltlichen Unterschied. Herr Kreuzer fordert „Klare Sprache, ein klares Konzept und Taten folgen lassen.“ Solche Rhetorik kennen wir von Pauly und anderen genau so. Es wird insinuiert, als ob nichts, aber auch gar nichts getan würde. Das Gegenteil ist der Fall. Man mag das Türkei-Abkommen kritisieren oder gar völlig ablehnen: es hat dazu geführt, dass deutlich weniger Flüchtlinge nach Europa kommen. Dieses Faktum wird verschwiegen. Die CSU setzt, genau so wie die AfD, auf totale Konfrontation – bis in die Wort- und Bildsprache hinein. Mit all diesen bräunlichen Texten will die CSU angeblich die AfD klein halten. Das Gegenteil dürfte sich daraus entwickeln. Im schlimmsten Fall beziehen sich künftig solche, die Flüchtlingsheime attackieren, auf die Biedermänner von der CSU. Über 700 solcher Angriffe hat es – bis jetzt – in Deutschland bereits gegeben.

Ehrlich wäre, die CSU würde die Koalition verlassen

Nicht einmal Grüne oder PDS/Linke kritisieren die Kanzlerin so heftig wie die CSU. Die Sozis haben zu sehr mit sich selbst zu tun. Eine Boulevardzeitung behauptet, in Bayern würde die Zustimmung für Bundestagskandidaturen von der Kanzlerfrage abhängig gemacht: wer für Merkel stimmen wolle, würde nicht mehr aufgestellt. Das sind die Geister, die Seehofer und Söder riefen. Ein echter Partner ist die CSU freilich seit über einem Jahr nicht mehr. Der einzige, der von den Ministern glaubwürdig rüberkommt, ist Gerd Müller. Der ist Entwicklungsminister, ist richtig gut, aber ihn kennt keiner. Die CSU sollte sich ehrlich machen und was trauen. Sie sollte bundesweit antreten.

Wer ist denn hier wer? CSAfD? © Giegold Facebook
Wer ist denn hier wer? CSAfD? © Giegold Facebook

Zur Erinnerung: anteilig hat die CSU weniger als die Grünen und die PDS/Linke bei den letzten Bundestagswahlen geholt. Verbündete würde sie aber auch in der CDU finden. Damit ließen sich noch ein paar Prozent drauflegen. Der feine Herr Linnemann von der Mittelstandsvereinigung ist so ein Kanzler-Attackierer. Dem hört sonst allerdings kaum jemand zu; es sei denn, es geht gegen Merkel. Der rheinische Herr Bosbach hört auf im Bundestag. Er ist seit Beginn der Legislaturperiode dauerbeleidigt, weil er nicht Innenminister wurde. Er könnte CSU-Berater werden und bundesweit mal zeigen, was ne Harke ist. Auf Honorarbasis und erfolgsabhängig. Schließlich muss auch die CDU sich entscheiden. Will sie weiter mit einer Partei eine so enge Verbindung eingehen wie mit diesen CSU-Leuten? Beide Parteien betonen stets ihre Eigenständigkeit. Das muss allerdings auch inhaltlich gelten. Kompromisse schließen schön und gut. Demokratie erfordert dies. Würde die Partei Adenauers und Kohls aber immer weiter auf die Hassparolen und Drohungen der CSU eingehen, schadete sie sich selbst. Das gilt nicht auch für die Kanzlerin. Nichts von dem kann wollen, wer christlich und demokratisch eine humanere Gesellschaft will.

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