Seehofer sollte CSU-Kanzlerkandidat werden © Tom Rübenach

Kanzlerkandidatur | Seehofer sollte als CSU-Kandidat kämpfen

Alle warten auf Angela Merkel und ihre Aussage zur Kanzlerkandidatur. Medien, Bevölkerung, politische Gegner und Feinde, also auch die CSU. Warum eigentlich? Ich warte auf etwas Anderes. Ich warte auf Seehofer; er ist jetzt an der Reihe und mit ihm die CSU. Ja, ich wünsche mir einen CSU-Kanzlerkandidaten Seehofer, der Merkel herausfordert.

TS|BN 21. September 2016 „Ein Kanzlerkandidat wird in der Bundesrepublik Deutschland im Allgemeinen von der CDU/CSU oder der SPD vor einer Bundestagswahl nominiert. Die Partei gibt damit zu verstehen, dass später ihre Bundestagsfraktion diesen Kandidaten zum Bundeskanzler wählen will. Bei den übrigen Parteien heißt der wichtigste Kandidat normalerweise Spitzenkandidat.“ Das ist wie üblich äußerst nüchtern beschrieben bei Wikipedia. So nüchtern stellt sich diese Frage indes kaum bei einer der beiden ehemals großen Parteien SPD und CDU. Bisher hat ja nur einmal, in einer grenzenlosen Selbstüberschätzung, eine kleine Partei ihren damaligen Vorsitzenden Westerwelle zum Kanzlerkandidaten gekürt. Das war vor vierzehn Jahren.

Jetzt ist die CSU dran mit der eigenen Kanzlerkandidatur

Hat er den Mut zum Kanzlerkandidatur? © Martin Rulsch CC
Hat er den Mut zur Kanzlerkandidatur? © Martin Rulsch CC

Ich weiß nicht, ob ich Merkel nächstes Jahr wählen würde. Oder einen Grünen oder einen von der FDP oder einen Sozi. Womöglich einen Kanzlerkandidaten der CSU? Okay, letzteres eher doch nicht. Bisher steht der ja auch noch gar nichts fest; jedenfalls weiß davon wohl niemand. Merkel hat die alte Dame CDU runderneuert. Sie hat sie bewegt. Heute ist die CDU moderner als bei ihrem Start in Parteiführung und Kanzlerschaft. Die Dame ist in der Zeit angekommen. Unaufgeregt, nüchtern hat Merkel gehandelt. Das ist nicht nur für die CDU gut gewesen, sondern für die Reformfähigkeit des ganzen Landes. Manchem sogenannten Konservativen mag das alles “zu links” sein. Ihre alte CDU ist ja nicht mehr wiederzuerkennen. Aber gerade das ist ihre jetzige Stärke. Merkel hat Zeichen und Zeiten erkannt, in denen Änderungen möglich und ebenso nötig waren. Die zu ergreifenden Zipfel von Mänteln der Geschichte wehen schließlich nicht nur dann, wenn gerade eine Mauer einstürzt.

Merkel hat sich durchaus nicht immer erst dann geäußert, wenn eine demoskopische Lage dies erforderlich zu machen schien. Schon gar nicht im vergangenen September. Sie wurde dafür kritisiert und gepriesen. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie überaus beliebt, was eine enorme Leistung nach so vielen Jahren der Kanzlerschaft bedeutete. Selbst heute ist nicht die Mehrheit der Deutschen “gegen” sie. Sie hat als CDU-Vorsitzende Niederlagen in den Ländern einstecken müssen. Sie wären indes niedriger ausgefallen, würden sich die CSU-Leute nicht täglich von sich aus mit der Erfolgsgarantie Merkel öffentlich zanken.

Die Zeitschrift „Der Spiegel“ hat im vergangenen Monat ganze Arbeit geleistet und einmal alle genannt, die für sie sind. Aber wo bleiben die Initiativen, die ihre erneute Kandidatur fordern? Wo die Aktivisten, die sich sonst für jeden Mist im Internet zusammentun? Wo die Unterschriftenaktion? Warum eigentlich wartet die große Schwester auf die unberechenbare CSU und ihren Stakkato-Lacher? Wie lange noch dieses unwürdige Schauspiel? Und warum eigentlich nicht die ehrliche Trennung? Mancher, der Merkel gut findet, aber die CSU nicht ertragen kann, ließe sich dann womöglich für die Christdemokraten gewinnen.

Seehofer sollte ehrlich werden

Das Publikum jedenfalls will früher eine Entscheidung als Seehofer lieb sein dürfte. Es reicht nicht mehr, Theaterstücke aufzuführen. Das gilt auch für die CSU, ihren Obersten Seehofer sowie dessen Rassismusexperten Scheuer. Sie müssen ausdrücken, ob sie diese Frau überhaupt noch einmal als Kandidatin wollen. Oder ob sie eine Kanzlerin, die (fast) überall auf der Welt hoch geachtet wird und der allenthalben großer Respekt entgegen gebracht wird, in die politische Wüste zu schicken beabsichtigen. So herum wird ein ehrlicher Schuh draus. Nicht sich raushalten, abwarten, fordern – selbst Position beziehen, CSU!

CSU Rassismus im September 2016 © Tom Rübenach
Rassismus im September 2016 © Tom Rübenach

Seehofer will nicht mehr für den CSU-Parteivorsitz kandidieren, auch nicht mehr Ministerpräsident in Bayern werden. Deshalb brüllen ja die kleinen Löwen in seinem Laden so unangenehm laut und so unerhört hetzend. Sie machen auf sich aufmerksam. Da könnte sich Seehofer doch jetzt als Bundeskandidat aufstellen lassen – für die CSU. Günter Bannas hat zwar in der FAZ noch im April dieses Jahres den Bayern mit den Worten zitiert „Ich sehe keine Alternative. Absolut nicht.“ Damit war Merkel als Kanzlerkandidatin gemeint. Aber was sind schon fünf Monate, wenn es um das große Ganze geht? Um Deutschland, wie Seehofer nicht müde wird, zu postulieren.

Um jeden Preis will sich die CSU von der CDU absetzen

In Wirklichkeit geht in der CSU ausschließlich die große Angst vor dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit in Bayern um. Es geht Seehofer in Wirklichkeit um seine eigene Partei, seinen persönlichen Erfolg und sein Vermächtnis als vermeintlich großer, bedeutender Politiker. Wie eingesperrte Tiere schlagen er und seine Leute um sich. Als ob sie sich eingeschlossen fühlten, verlassen Scheuer und andere der Instinkt und der Respekt. Sie bedienen niedere Instinkte. Sie reden vom Islam als einer potentiellen Gefahr so, wie es die AfD kaum widerlicher könnte. Sie verschärfen. Auf alles wird noch eins drauf gesetzt, und das nur, um sich um jeden Preis zu unterscheiden von einer Kanzlerin, die sie in Wirklichkeit verachten. Auch hier gibt es Ähnlichkeiten zur AfD: “Merkel muss weg!” Ein Kanzlerkandidat Seehofer müsste sich dort einreihen; wie sonst würde er eine eigene Kandidatur begründen können?

Deutschland müsse Deutschland bleiben und nicht – wie Merkel es sagte – „wird Deutschland bleiben“. Ganz so wie 1976, im Bundestagswahlkampf mit Helmut Kohl als Kandidaten. Damals wählte die CDU „Freiheit statt Sozialismus“, die CSU aber „Freiheit oder Sozialismus“. Ultimaten werden gestellt und Drohungen impliziert.

Trump, Storch, Petry, Seehofer, Scheuer? Kanzlerkandidatur mit Hetze? © Tom Rübenach
Trump, Storch, Petry, Seehofer, Scheuer? © Tom Rübenach

Viel Angst, wenig Courage bei der CSU

Die unbelehrbare Angela wird vom neurotischen Oberlehrer Horst abgewatscht wie ein Schulmädchen, das sich vielleicht Mühe gibt, aber es einfach nicht versteht. Daraus spricht ausschließlich die Angst vor Einflussverlust. Der nicht vorhandene Kanzlerkandidat der CSU: ohne echte Courage, Entschlossenheit und tatsächliche Stärke. Das sähe anders aus. Wären diese Eigenschaften vorhanden, die CSU würde Seehofer triumphal als Kanzlerkandidaten aufstellen. Scheint sie aber nicht zu wollen. Denn dazu sind allzu viele Fragen nicht beantwortet:

  • Wie würde sie sich bundesweit noch von der AfD abgrenzen können?
  • Wären genügend CDU-Leute bereit, eine CSU-Kanzlerkandidatur zu unterstützen?
  • Was käme nach dem Migrationsthema?
  • Und wer könnte die CSU bundesweit führen – nach Seehofer?

Wäre die CSU so selbstbewusst wie einst Franz-Josef Strauss, kündigte sie die Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag bald auf. Noch wäre Zeit, es historisch zu gestalten. Der 19. November böte sich an. An diesem Tag im Jahre 1976 hat es diesen Versuch ja schon einmal gegeben. Damals allerdings hat Strauß verloren und Kohl gewonnen. Und damals war die Union in der Opposition. Vier Jahre später ging die Kanzlerkandidatur an Strauß. Der versagte auf der ganzen Linie.

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