Kenia: Proteste gegen Korruption und Lügen | Foto © KTN

Kenia-Podcast: Friedliche Proteste – Brutaler Staat

Friedliche Proteste und staatliche, oft brutale Gewalt versetzen Kenia in einen Zustand der Instabilität. Tief sitzende Frustration über wirtschaftliche Bedingungen, Korruption und Polizeibrutalität kennzeichnen die Stimmung, und das längst nicht nur unter der „Generation Z“.

Table of Contents

Podcast auf deutsch: "Proteste in Kenia – Immer mehr Tote und Unruhen"

Podcast in English: ‘Protests in Kenya – More deaths and unrest’

Kenia: "Ein mieses Regime", schreibt der "Nairobian"
Kenia: "Ein mieses Regime", schreibt der "Nairobian"

Ruto: Demonstranten "in die Knie schießen"

Die mangelnde Bereitschaft der Regierung, auf die Anliegen der Bevölkerung einzugehen, verschärfen die Spannungen. Hinzu kommt die zunehmend harte Rhetorik des Präsidenten. William Ruto hat gerade erst die Polizei angewiesen, den „Leuten in die Knie zu schießen“ anstatt sie zu töten. So können sie schnurstracks aus dem Krankenhaus zum Gericht überstellt werden.

Ohne Übertreibung muss festgestellt werden: Die politische Zukunft des Landes steht auf fragilen Fundamenten, wenn sich die Regierung nicht mäßigt.

Die anhaltenden Proteste und die staatliche Gewalt haben fraglos erhebliche Auswirkungen auf Kenias innenpolitische Stabilität. Die Menschenrechtslage verschärft sich – und die politische Landschaft im Hinblick auf zukünftige Wahlen verändert sich.

Brutale Polizeigewalt gegen einen Straßenhändler

Ein Händler, der Masken verkauft, wird hinterrücks erschossen. | Qualle: AP
Nairobi, Kenia: Polizisten erschießen einen harmlosen Straßenhändler. | Quelle: AP

Was sind die Hauptursachen für die Proteste?

Die Demonstrationen werden durch eine Vielzahl von Faktoren angetrieben, die über spezifische Gesetze hinausgehen und eine tiefe Frustration mit dem politischen System widerspiegeln.

Wirtschaftliche Härte und Steuererhöhungen: Ursprünglich ausgelöst durch ein umstrittenes Finanzgesetz mit zahlreichen Steuererhöhungen, das die Lebenshaltungskosten für viele Kenianer unerschwinglich machte. Obwohl Präsident Ruto das Gesetz letztes Jahr zurückzog und sein Kabinett entließ, wurden viele umstrittene Steuern und Gebühren später wieder eingeführt, was zu erneuter Kritik führte.

Eine weit verbreitete Wahrnehmung von Korruption in Regierung und Staat, die Verschwendung öffentlicher Gelder und die scheinbar extravaganten Lebensstile von Politikern heizen die Wut weiter an. Präsident Ruto wird vorgeworfen, seine Versprechen zur Korruptionsbekämpfung nicht eingelöst zu haben.

Wie wirken Polizeibrutalität und Straflosigkeit auf die Bevölkerung?

Die anhaltende Polizeibrutalität, einschließlich außergerichtlicher Tötungen und des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten, ist ein zentrales Thema. Der Tod des Bloggers Albert Ojwang in Polizeigewahrsam und die Erschießung eines Zivilisten aus nächster Nähe haben die Proteste besonders angeheizt und die Forderungen nach Rechenschaftspflicht verstärkt. Trotz Anklagen gegen einige Polizeibeamte gibt es weitreichende Kritik an der mangelnden Rechenschaftspflicht.

Viele Kenianer, insbesondere die junge Generation, fühlen sich von der Regierung verraten und missachtet, und ihre Anliegen werden nicht gehört.

Wie reagiert der Staat auf die friedlichen und überwiegend friedlichen Demonstrationen?

Bei den Protesten wurden Dutzende von Menschen getötet und Hunderte verletzt. Schätzungen variieren, aber Amnesty International berichtete von über 60 Todesfällen bei den „Gen-Z-Protesten“. Bei Protesten im Juni 2025 wurden mindestens 16 Menschen getötet. Allein am 7. Juli 2025 kamen nach Angaben der staatlich finanzierten Menschenrechtskommission 31 Menschen ums Leben, wodurch die Gesamtzahl der Todesopfer in den Wochen zuvor auf 50 anstieg.

Hunderte Demonstranten wurden verletzt und Tausende festgenommen. Menschenrechts-Organisationen berichten zudem von Dutzenden vermissten und mutmaßlich verschleppten Personen, von denen einige bis heute spurlos verschwunden bleiben.

Harte Rhetorik der Regierung: Präsident Ruto hat eine härtere Linie gegen die Demonstranten eingeschlagen und die Polizei angewiesen, „die Beine zu brechen“ oder auf diejenigen zu schießen, die Eigentum zerstören oder Polizeistationen angreifen. Er hat die Demonstrationen als „Putschversuch“ und „Terrorismus“ bezeichnet.

Wie agiert die Regierung bei der Freiheit der Medien?

Die Regierung hat versucht, die Live-Berichterstattung über die Proteste durch lokale Medien zu unterbinden, was zu einer verstärkten Nutzung von sozialen Medien durch Aktivisten und Bürger geführt hat. Ein Gericht hat diese Anordnung und Vorgehensweise widerrufen.

Welche Auswirkungen hat das auf das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung?

Die Bevölkerung, insbesondere die „Generation Z“, hat das Vertrauen in die Regierung und weite Teile des politischen Establishments verloren. Slogans wie „Ruto wantam“ („Ruto eine Amtszeit“) spiegeln den Wunsch wider, den Präsidenten bei den nächsten Wahlen 2027 abzulösen. Obwohl Präsident Ruto nach Protesten Zugeständnisse gemacht hat, wie die Entlassung seines Kabinetts, hat die Wiedereinsetzung vieler Minister die Hoffnungen auf echte Veränderungen schnell zerschlagen. Die Absetzung des stellvertretenden Präsidenten Rigathi Gachagua im Oktober 2024 zeigt die interne Instabilität und politischen Manöver innerhalb der Regierungspartei.

Wie reagiert die internationale Öffentlichkeit auf die Unruhen in Kenia?

Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und UNICEF haben Besorgnis über die Gewalt geäußert und die kenianische Regierung zur Zurückhaltung und zur Beachtung der Menschenrechte aufgerufen. Die wiederholten Proteste und die harte Reaktion der Regierung haben das Vertrauen vieler Investoren erschüttert und auch die Wirtschaftstätigkeit gestört. Auch die Zerstörung von Eigentum und die Plünderungen während der Proteste – vermutlich durch von der Regierung gesteuerte sogenannte „Goons“ (Schlägertrupps) – verursachen erhebliche wirtschaftliche Schäden für Unternehmen.

Wie organisieren die Demonstraten ihre Aktivitäten?

Es ist eine klare Veränderung der politischen Dynamik erkennbar. Die Proteste werden zunehmend von der technikaffinen „Generation Z“ angeführt, die keine Erinnerung an autoritäre Herrschaft hat und sich unabhängig von traditionellen Oppositionsparteien über soziale Medien organisiert. Dies stellt eine neue Herausforderung für die etablierte Politik dar und könnte die Parlamentswahlen 2027 nachhaltig beeinflussen, indem möglicherweise eine größere Anzahl amtierender Politiker abgewählt wird.

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