Frau mit weißem Schleier im Niger, schwarzweiß-Foto. © Tom Rübenach

Flüchtlinge | Das erschütternde Versagen der EU

Flüchtlinge sind Leute, die fliehen. Sie wandern nicht einfach aus, und sie tun das nicht freiwillig. Die Gründe, ihre Heimat zu verlassen, sind ganz einfach. Sie lassen alles zurück, weil Krieg herrscht. Oder weil sie nichts mehr zu essen haben. Die sogenannten „Flüchtlingsbewegungen“ haben nichts mit Europa zu tun. Die Leute wollen einfach nicht sterben.

UNICEF, das Kinderhilfswerk der UN, ruft verzweifelt nach der Weltgemeinschaft. Es fleht geradezu darum, den Krieg in Syrien zu beenden. Es appelliert an sie, wenigstens die Bedingungen für die Familien zu verbessern. „Selbst abseits der Frontlinien schaffen es Familien kaum, ihre Kinder zu ernähren und ihr Leben wiederaufzubauen,“ schreibt UNICEF in einer Mitteilung. Gemeinsam mit dem dem Welternährungsprogramm WFP kümmert sich UNICEF um die Flüchtlinge – es sind Millionen, alleine in Syrien.

Die Flüchtlinge hungern

Henrietta Fore ist UNICEF-Exekutivdirektorin. Gerade war sie zwei Tage in Syrien, nur 30 Kilometer von den Frontlinien entfernt. Sie traf auf neunjährige Schulkinder, die nie etwas anderes als Krieg erlebt haben. Insgesamt sind elf Millionen Menschen von Hilfe abhängig. Darunter sind fünf Millionen Kinder. Beim Lesen ihres Reiseberichtes verschlägt es einem die Sprache. Nichts davon ist hierzulande in Medienberichten zu finden. Wir beschäftigen uns stattdessen wochenlang mit einem Bundesland, das vier Wochen zur Wahl eines neuen Regierungschefs braucht. Und in dem gerade einmal etwas mehr als zwei Millionen Leute leben.

Bald auch Flüchtlinge? Zwei Jugendliche aus dem Niger. Foto schwarzweiß. © Tom Rübenach
Sie brauchen auch eine gute Perspektive. | © Tom Rübenach

Fast vier Mal so viele leiden in Syrien an Hunger und Unterernährung. Millionen Menschen können sich kein Essen mehr leisten, weil die Preise dafür seit dem vergangenen Jahr um 120% gestiegen sind. Alleine in den letzten drei Monaten sind über eine halbe Million Kinder vor der Eskalation des Krieges geflohen. Henrietta Fore hilft mit UNICEF. Dennoch verspürt man Hilflosigkeit: „Denjenigen, die für dieses kollektive Versagen in Syrien verantwortlich sind, sage ich: die Geschichte wird hart über sie urteilen,“ schreibt sie. 

Die EU und die Flüchtlinge

Die Geschichte, wer ist das? Fraglich, ob Verbrecher wie Assad oder Putin oder all die anderen Verantwortlichen jemals nach Den Haag verbracht werden. Auf die Europäische Union und ihre sogenannten „Werte“ ist längst kein Verlass mehr. Die EU verhält sich brutal, zynisch und inhuman. Mit der „2015“-Begründung lässt sie Leute hinter Zäunen zurück, Kinder herumirren und sogar sterben. Die Prioritäten sind auf den Kopf gestellt.

Nachdem der türkische Despot einseitig eine Verabredung für null und nichtig erklärt, beginnt sofort hektische Traumaarbeit. Die Ereignisse vom Herbst 2015 „dürfen sich nicht wiederholen“. So lautet das Mantra allenthalben. Es soll der Beruhigung der Wohlstandsgesellschaften dienen. Dabei gibt es doch nach wie vor eine große Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen. Aber das, was die EU zeigt, ist das: Grenzen sichern und Europa schützen vor illegaler Einwanderung.

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Die Genfer Konvention

Unterstützung für die griechische Marine wird zugesagt. Griechenland wird gelobt für das Zurückschieben von Flüchtlingsbooten aufs Meer, gleichgültig, ob die Leute danach auf ihren Booten verdursten oder nicht. Hauptsache, die Schotten sind dicht. Danach kann man ja immer noch weitersehen. Europa, was machst Du da? Griechenland setzt kurzerhand die Genfer Flüchtlingskonvention außer Kraft, und die EU schweigt dazu.

Nicht, dass diese Meinung zu Missverständnissen führt. Es ist das souveräne Recht von Staaten und Staatenbünden, sich vor Gefahren von außen zu schützen. Das gilt selbstverständlich für die Grenzen. Auch der sogenannte „Pull-Effekt“ ist ein durchaus nachvollziehbares Argument für die Vorsichtigen in der Flüchtlingsfrage. Aber um all diese Fragen geht es in diesen Tagen nicht. Sie sind zu abstrakt. Flüchtlinge haben Gesichter, sind Menschen. Väter oder Kinder, Mütter oder Enkel. Sie sind keine Zahlen.

Flüchtlinge sind immer noch willkommen

Gleichzeitig mit der harten Linie der EU sind in Deutschland die Herzen immer noch weit offen. Dutzende Städte, Kommunen, Gemeinden, Initiativen und Parteien heißen Flüchtlinge willkommen. Gerade jetzt wollen sie, dass wenigstens Kinder zu uns kommen können. Und nicht sollen sie aus der Türkei oder Syrien zu uns kommen, sondern aus Lesbos. Oder einer anderen der griechischen Inseln, auf der diese im Dreck leben müssen. Ohne ihre Eltern, ohne Verwandte, ohne Perspektive. Die Tragödie dieser Kinder zieht sich seit Jahren schon hin. Und seit Jahren schauen wir zu. Unchristlich ist das, wertlos, brutal.

Angela Merkel zum Thema "Flüchtlinge" im Jahr 2015.
… und meins auch nicht.

Die politischen Akteure hierzulande haben so viel Angst vor der sogenannten AfD, dass ihnen das Schicksal von Kindern gleichgültig zu sein scheint. Die Nazis diktieren die Inhumanität auf die politische Agenda der demokratischen Parteien. Da läuft etwas aus dem Ruder. Das Versagen Europas, auch Deutschlands, schreit zum Himmel. Wie sagte die Kanzlerin 2015, als die Hetzer die Messer gegen die Menschlichkeit wetzten? Damals, mitten in der sogenannten „Flüchtlingskrise“, sprach sie über „mein Land“. In diesen Tagen täte ein solches Wort wieder Not. 

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