Die Flagge der Ukraine mit einem blutigen Einschussloch | Foto © pixabay

Ukraine – Putin – SPD

Der Krieg in der Ukraine gegen das unabhängige Land in Europa ist die wahre Zeitenwende im sogenannten „Nachkriegs-Europa“. Die, von der der Bundeskanzler am 27. Februar vor dem deutschen Bundestag sprach, bleibt bis heute aus. Sein Zögern kostete bereits viele Leben. Kinder und Frauen wurden vergewaltigt. Menschen aller Altersgruppen und jedes Geschlechts wurden eiskalt ermordet. Von hinten. Mit gefesselten Händen auf dem Rücken. Zivilisten, keine Soldaten. Wie eigentlich wollen die Zauderer nach dieser sogenannten Zeitenwende mit ihrer Verantwortung  in Zukunft leben?

Ukraine: Folgenschwere Fehleinschätzungen der SPD und ihres Kanzlers

Tilmann Warnecke, Redakteur beim „Tagesspiegel“, schreibt dieser Tage auf Twitter: „Man fragt sich wirklich, wo diese Kälte herkommt.“ Es geht um Empathie in der Ukraine-“Krise”. Warnecke äußert sich zu einem Interview, das der ehemalige Regierende Bürgermeister Müller der „Berliner Zeitung“ gegeben hat. Unverständnis klingt bei Warnecke mit, auch Entsetzen. Das SPD-Mitglied Müller hatte zur Reise der drei Abgeordneten Strack-Zimmermann (FDP) Hofreiter (Grüne) und Roth (SPD) nach Kiew unter anderem gesagt: „Wir haben erlebt, dass die Abgeordneten durch die Bilder und die Gespräche vor Ort voller Emotionen zurückgekommen sind…“ Diese Reise, so sagte er, habe „nicht geholfen.“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, immerhin Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, kommentiert Müllers vermeintlicher Sorge vor zu viel Gefühl auf Twitter so:

Ich biete Michael Müller gerne an, Emotionen zu entwickeln, um zu verstehen, dass ein brutaler Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nichts ist, was uns kaltlassen kann und entschiedenes Handeln bei der Lieferung von Unterstützung keine Gefühlsduselei ist. #StayWithUkraine

Quelle: Twitter @MAStrackZi

“Ich bringe dem Kleinen Schuhe mit”

In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ sprach sie von „Entmenschlichung und Zynismus“ in Bezug auf das Handeln russischer Soldaten. Ihre Gesprächspartner hätten ihr gesagt: „Es gibt keine Alternative zum Kämpfen. Sonst verschwindet die Ukraine von der Landkarte.” Strack-Zimmermann betonte, dass Deutschland „nicht Kriegspartei, aber parteiisch“ sei. In Kiew wurde ihr berichtet, dass russische Soldaten toten Kindern die Schuhe auszögen, dann zuhause anriefen und sagten: „Ich bringe dem Kleinen Schuhe mit.“

Man muss – vor allem für die sogenannte “Linke” und weite Teile der deutschen Sozialdemokratie offenbar hinzufügen: Es geht um die Demokratie und die territoriale Integrität eines souveränen Staates in Europa.

Die Schwäche der Demokratien nutzen Terroristenregime immer aus, wenn sie nur die Gelegenheit dazu haben. Das gilt nicht nur für Russland, sondern auch für die Volksrepublik China. Letztere sollte übrigens stets jeder mitdenken, wenn es um den Kampf zwischen liberaler Demokratie und Diktatur geht. Das Thema Taiwan führte im Kontext dieses Artikels zu weit. Er besteht allerdings.

Die meisten Bürger verstehen die Ukraine-Positionen des Kanzlers einfach nicht

Die „Märkische Oderzeitung“ hat es sich nach eigenen Aussagen nicht gerade leicht gemacht. Dennoch hat sich die Redaktion dazu durchgerungen, den russischen Botschafter in Deutschland zu interviewen. Mehr als „Entnazifizierung der Ukraine“ oder Sätze wie “Wir haben nicht vor, die Ukraine zu besetzen.“ ist dabei indes nicht herausgekommen. Wir verzichten daher hier ausdrücklich auf einen Link zum Interview mit dem Propagandaminister des Kreml in Deutschland.

Wer indes die echte oder gespielte, aber immer laut vorgetragene Empörung dem ukrainischen Botschafter gegenüber verfolgt, fragt sich unverzüglich: Wo bleibt das ebenso laute Erschrecken über die Wortwahl der russischen Führer und ihrer medialen Lakaien hierzulande – wie etwa dem russischen Botschafter in Deutschland?

Die angebliche “Ausladung” Steinmeiers nach Kiews, die dieser selbst vor laufenden Kameras verkündet hatte, findet der Kanzler “irritierend”, sagte er dem RBB. Dabei hatte es nie eine offizielle Einladung gegeben. Eine Ausladung war daher auch gar nicht möglich.

Eine Hand in den Farben der Ukraine | Foto © pixabay
Eine Hand in den Farben der Ukraine | Foto © pixabay

Was viele, vielleicht die meisten Bundesbürger nicht verstehen: Wenn ein Krieg in Europa vom Zaun gebrochen wird, ein europäisches Land überfallen wird, Zivilisten hingerichtet werden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen und davon gesprochen wird, den Donbas zu „befreien“ – in Wirklichkeit aber nur der russische Machtbereich mit brutalsten Mitteln gesichert werden soll –, warum um Himmels Willen reagiert dann Scholz, wie er reagiert?

Bei der Ukraine geht es nicht um das Übliche

Es ist ja keineswegs so, dass es sich bei der Diskussion über das Verhalten des Bundeskanzlers um eine der üblichen politische Auseinandersetzung handelte. Dabei geht es nicht um ein bisschen Hier und ein bisschen Da. Es geht nicht um mehr oder weniger Autobahnen, mehr oder weniger Schiene. Es ist dem Autor dieses Artikel auch ausgesprochen gleichgültig, ob es derzeit in Berlin eine „Ampel-Krise“ gibt oder nicht. Denn um das Übliche geht es eben gerade nicht.

Dies scheint der Kanzler immer noch nicht verstanden zu haben. Er versprach Führung, die nicht kam. Dann beschwört er die europäische Solidarität, liefert sie aber nicht. Er ruft eine Zeitenwende aus, füllt sie aber nicht mit nötigen Schritten. Er macht „den Merkel“, ist aber eben nicht das Original.

In der Ukraine: Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Ein Merkel-Satz zu Beginn der Pandemie wäre auch am 27. Februar (Rede des Bundeskanzlers im Bundestag, d. Red.) etwas gewesen, an dem sich  Scholz hätte orientieren können. Damals sagte Merkel in einer ihrer seltenen außerplanmäßigen Ansprachen: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“ Merkel hat damit die Bevölkerung auf etwas eingestimmt, sie sogar gewarnt. Damals ging es „nur“ um eine Pandemie. Ihr Nachfolger twittert stattdessen inmitten einer Kriegssituation nach Ostern so etwas:

“Die Wut auf #Putin und seinen brutalen #Krieg gegen die Menschen in der #Ukraine wächst jeden Tag. Aber wir finden auch jeden Tag neue Wege, die Ukraine zu unterstützen, finanziell und mit Waffen. Und wir sind uns mit unseren Partnern einig: Dieser Krieg darf sich nicht ausweiten.“

Quelle: Twitter @bundeskanzler

Weder aber stehen die Wut noch das Entsetzen – und schon gar nicht die Realität – im Einklang mit dem Handeln dieses Bundeskanzlers. Und das alles, während wir mittelbare Zeugen eines Völkermordes werden, wie Human Rights Watch (HRW) Ende April dieses Jahres konstatiert. Wenige Wochen nach Beginn des Angriffskriegs sind bereits ausreichend Beweise zusammengestellt, die dies belegen. Auf ihrer Seite schreibt HRW, dies sei “schlimmer als die Hölle auf Erden“.

Auch die OSZE sprach bereits Anfang April dezidiert von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und sah „glaubwürdige Beweise für gezielte Tötungen“, also eiskaltes Morden. Es geht bei diesem Krieg und der Unterstützung für die Ukraine nicht nur um Fragen des Krieges. Es geht auch um Menschenrechte und liberale Demokratie. Und um Europa als Friedens- und Freiheitsprojekt als Ganzes.

Ukraine-Präsident wurde von Deutschland schon oft enttäuscht

Als im Sommer vergangenen Jahres der Grüne Robert Habeck „Defensivwaffen“ für die Ukraine forderte, war der Aufschrei groß. Das gehe aber nun mal gar nicht. Ausgerechnet die Grünen. Und dann mitten im Wahlkampf. Das Thema war schneller durch das politische Dorf gejagt, als es gekommen war. Eine Debatte, der Ukraine mit Waffen zu helfen? Das wollten die Grünen – damals – nicht riskieren.


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Die Funke Mediengruppe fragte aber genau danach in einem Interview mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyi im Juni 2021.

Antwort Wolodymyr Selenskyj: …Angesichts der Vorstöße von Russland, das Schwarze Meer und das Asowsche Meer zu blockieren, erwarten wir, dass Deutschland in technischer Hinsicht unser Partner ist. Deutschland sollte uns etwa dabei helfen, die ukrainische Marine auszustatten. Wir haben die Forderungen von Habeck, Waffen an die Ukraine zu liefern, sehr begrüßt. Wir sind ein bisschen traurig, dass wir von den Regierungsparteien in Deutschland nicht die gleiche Unterstützung bekommen.

Quelle: Funke Mediengruppe / Ukrainische Botschaft in Deutschland

Schon 2014 bat die Ukraine um Hilfe

Damals war Angela Merkel diejenige, die die Richtlinien der Politik bestimmte und auch die deutsche Außenpolitik. Auch sie enttäusche den ukrainischen Präsidenten. Davon kann der Botschafter aus Kiew ein unschönes Lied singen.

Bereits im vergangenen Jahr beklagte sich Andrij Melnyk in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ (WamS) über zögerliche oder mitunter gar ausbleibende Antworten der Bundesregierung auf Anfragen seitens der Ukraine. Da hatte der Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine noch längst nicht begonnen.

Viel früher, im Juli 2014, hatte sich der Botschafter im Namen seiner Regierung an das deutsche Verteidigungsministerium gewandt. Nachweislich war auch das Bundeskanzleramt eingeschaltet. Die WamS schrieb dazu, dass es um „Sets für künstliche Lungenbelüftung, Erste-Hilfe-Minisets, Verbandstoff Celox oder Sets für die Ruhigstellung für Hals und Nacken“ gegangen sei. Die Reaktion der deutschen Regierung, bestehend aus CDU und SPD: Null.

Eine Mauer in den Farben der Ukraine | Foto © pixabay
Wie eine ukrainische Mauer der SPD | Foto © pixabay

Steinmeier, Müller, Schröder, Mützenich, die SPD – und Russland

Die Sozialdemokraten sind gefangen im eigenen Nimbus der Entspannungspolitik von Willy Brandt. Das allerdings ist Jahrzehnte her, fand in einer gänzlich anderen Weltordnung statt und hilft heute keinen Deut. Die meisten SPD’ler sind nicht in der Lage, sich von ihren illusionären Fäden Richtung Moskau zu befreien. Sie glauben – vermutlich tatsächlich – immer noch daran, den Diktator und Aggressor Putin „bekehren“ zu können.

Was aber sagen sie den Kindern, den Frauen, den Alten in der Ukraine? Vielleicht: „Habt noch ein wenig Geduld. Das ist bald vorbei. Wir arbeiten daran.“?

Die sozialdemokratische Hybris kostet viele Menschenleben, man muss es so sagen. Es ist nichts Ehrenrühriges daran, mit aller Kraft einer Demokratie zu helfen, die brutal überfallen wurde. Es ist vielmehr ehrlos und würdelos, es nicht zu tun.

Noch im Februar des vergangenen Jahres bezeichnete der Bundespräsident die Gaspipeline Nord Stream 2 als “Friedensprojekt”. Der Cicero hat sich dieses Interviews angenommen und von “Steinmeiers Neuvermessung” gesprochen.

Jetzt hat sich dieser Steinmeier, der unser deutsches Staatsoberhaupt ist, in einer Fernsehsendung, gewissermaßen in einem kurzen Plausch, von all dem distanziert. Es tue ihm leid, bleibt in Erinnerung. Er habe sich vertan, auch das bleibt hängen. Also: “Tut mir leid, dass es gerade Tausende von Toten gibt bei Euch!”? Soll es das heißen? Wer Mützenich zuhört, kann nicht einmal das glauben.

800 Millionen Euro pro Tag. Der Faschismus sagt Danke.

Der sozialistische EU-Abgeordnete Raphael Glucksmann warnte ganz zu Beginn dieses Angriffskrieges: „Wir werden es teuer bezahlen, dass wir die ukrainische Demokratie in Stich lassen.“

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